Inside Partnerschaften2030

Ein Gastbeitrag von Stella Pfisterer (Senior Research Associate, Partnerships Resource Centre, Rotterdam School of Management, Erasmus Universität).

Multi-Akteurs Partnerschaften (MAP) sind eine beliebte Herangehensweise um globale Herausforderungen anzugehen und zur Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs) beizutragen. Es gibt viele Hypothesen, was MAP erreichen können, aber relativ wenig Erkenntnisse, was MAP tatsächlich leisten. Evaluationen von MAP zeigen ein heterogenes Bild und Erkenntnisse beruhen oftmals auf Anekdoten. Die Wirkungsmessung von MAP steckt noch in den Kinderschuhen. Viele „klassische Projekte“ mit entwicklungspolitischer Zielsetzung sind ebenfalls mit Herausforderungen rund um Wirkungsmessung konfrontiert. Genauso wie MAP müssen diese Projekte ungeplante, positive und negative Effekte berücksichtigen, die kurzfristiger, mittelfristiger oder langfristiger Natur sein können. Außerdem müssen Projekte belegen, dass die Wirkung auf die Intervention durch das Projekt zurückzuführen ist. Was macht es darüber hinaus zusätzlich kompliziert die Wirkung von MAP zu erfassen und zu verstehen? Im Folgenden wird das Konzept „Multi-Akteurs Partnerschaft“ unter die Lupe genommen, um Charakteristiken zu identifizieren, die das Verständnis und Messen von MAP-Wirkungen beeinflussen.

Multi-Akteur*in: Unterschiedliche Interessen und Perspektiven

Der Vorteil einer MAP ist, dass Akteur*innen aus Staat, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft ihre Kräfte bündeln und dadurch komplementäre Ressourcen effizient genutzt werden können, um innovative Lösungsansätze für komplexe Probleme zu erzielen. Jedoch erzeugt gerade die Diversität von Akteur*innen – und damit verbundenen, unterschiedlichen Interessen und Perspektiven – auch Herausforderungen für das Wirkungsverständnis und die Wirkungsmessung von MAP.

Welche Effekte auf welcher Ebene durch welche Methoden gemessen werden, ist oft Verhandlungssache zwischen den Akteur*innen einer MAP (und eventueller Geldgeber). Dabei spielen Interessen, Ressourcen, Zeit und Rechenschaft eine wichtige Rolle. Der Fokus auf die Resultate der MAP-Aktivitäten ist jedoch häufig der kleinste gemeinsame Nenner, auf den die Akteur*innen sich einigen und einlassen (können) wenn es um die Wirkungsmessung geht. MAP und ihre Wirkung sind jedoch sehr komplex. Wirkung in MAP kann (unbeabsichtigt) auf verschiedenen Ebenen erzielt werden. Es sind nicht nur die Resultate der Aktivitäten und deren Effekte auf die Zielgruppe oder über die Zielgruppe hinaus (etwa im Sektor oder ‚System‘), die durch MAP erzielt werden. Es können auch Veränderungen bei den individuellen Personen, die an einer MAP beteiligt sind, hervorgerufen werden. Zum Beispiel können Personen durch die Zusammenarbeit in der MAP neue Erfahrungen, Wissen oder Fähigkeiten entwickeln, die ihnen weitere Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt verschaffen. Des Weiteren kann die Arbeit der MAP Veränderungen innerhalb der beteiligten Organisationen anstoßen. Die MAP generiert oft einen spezifischen (Mehr-)Wert für jede beteiligte Organisation. Diese Wirkungen werden jedoch selten erfasst. Im besten Fall werden sie veröffentlicht sofern sie positiv sind. Ob Effekte negativ oder positiv sind, liegt im Auge des Betrachters und kann somit von verschiedenen MAP-Akteur*innen unterschiedlich gesehen werden.

Partnerschaft: Verstehen wie Zusammenarbeit Synergien erzeugt  

Durch die Zusammenarbeit der Akteur*innen wird ein Vorteil bzw. eine Wirkung (‚collaborative advantage‘[1]) erzeugt, welcher nur durch den MAP-Ansatz und nicht durch die individuellen Akteur*innen erzeugt werden kann. Jede MAP hat eine eigene Akteurs-Konstellation, eine eigene Zielsetzung und einen eigenen Ansatz. Zudem sind MAP sehr dynamisch und benötigen Flexibilität, da sie oft in instabilen und komplexen Kontexten aktiv sind. Diese Faktoren machen es oft nicht einfach standardisierte Monitoring und Evaluationssysteme für MAP zu entwickeln und anzuwenden. Ebenso ist das Anwenden einiger Methoden zum Absichern der Resultate (wie z.B. Kontrollgruppen) nur bedingt möglich. Des Weiteren haben MAP oft die Ambition transformativ zu sein. Transformative Partnerschaften benötigen einen längeren Zeitrahmen um Wirkung zu entfalten. Jedoch wird es dann auch schwieriger die Umgebungsfaktoren zu kontrollieren, um schlussendlich eine bestimmte Wirkung dem spezifischen Ansatz der MAP zuzuschreiben. Es ist daher realistischer den Beitrag der MAP an der Wirkung zu verstehen, statt der MAP die gesamte Wirkung zuzuschreiben. Dabei sollte die Frage gestellt werden welche Kombination von externen Faktoren und MAP-Faktoren zu der Wirkung beigetragen haben.

Es gibt einige Methoden und Tools, die Unterstützung bieten, um zum Beispiel eine Wirkungslogik zu entwickeln und zu messen (zum Beispiel Theory of Change; Impact Pathways). Darüber hinaus ist es relevant die MAP in den direkten Fokus zu nehmen: welche Interaktionsmechanismen haben die Wirkung erzeugt? Für diese Analyse ist es notwendig, dass MAP-Akteur*innen sich in die Karten schauen lassen und ins Gespräch miteinander treten um zu analysieren, was die Resultate und entwickelten Praktiken der MAP eigentlich bedeuten. Gemeinsames kontinuierliches reflektieren und lernen ist hierbei essential. Self-assessment Tools könnten MAP-Akteur*innen hierbei helfen.

Fazit

Unterschiedliche Interessen, komplexe Strukturen, der spezifische MAP-Ansatz und die Mechanismen der Zusammenarbeit sind wichtige Faktoren, die Wirkungsverständnis und Wirkungsmessung von MAP beeinflussen. Neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis wie zum Beispiel Action Research Projekte könnten helfen, um Methoden und Tools weiter zu entwickeln, so dass sie für MAP relevanter werden. In einem Action Research Projekt rund um Wirkungsmessung würden Forscher und MAP zusammen einen Ansatz für eine spezifische Herausforderung der Wirkungsmessung erarbeiten und gleichzeitig testen. Der Vorteil ist, dass an einem konkreten Problem aus der Praxis angesetzt wird und der Ansatz direkt von der MAP anwendbar ist. Dabei ist es eine zusätzliche Herausforderung nicht nur zu verstehen, wie die Wirkung einer MAP erzeugt wurde, sondern auch Erkenntnisse zu generieren, wie der MAP-Ansatz und MAP-Wirkung in einem anderen Kontext oder unter anderen Vorrausetzungen funktionieren würden.

[1] Huxham, C. & Vangen, S. (2004). Manage to Collaborate. The Theory and Practice of Collaborative Advantage. Taylor & Francis.

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